Wenn Lernende völlig neue Informationen ins Langzeitgedächtnis abspeichern müssen, stellt sich immer wieder die folgende Frage: Wie oft und in welchen Zeitabständen müssen neu gelernte Informationen wiederholt werden, damit die Zahl der Wiederholungen möglichst gering ist und dennoch die Informationen erfolgreich vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis überführt werden können?

In diesem Beitrag sollen theoretische Erkenntnisse aus der Lernpsychologie mit der Praxis aus dem Schulalltag verknüpft werden. Neben theoretische Grundlagen der Gedächtnisleistung wird eine praktische Methode vorgestellt, welche anhand intrapersonellen Untersuchungen an Lernenden ermittelt wurde. Das Ziel ist, dass Lernende eine Wiederholungsmethode erhalten, welche ihnen ermöglicht, neu gelernte Lerninhalte möglichst vollständig mit möglichst wenig Aufwand ins Langzeitgedächtnis zu überführen.

Theorie aus der Gehirnforschung und Lernpsychologie

Damit Informationen dauerhaft im Langzeitgedächtnis gespeichert werden, müssen im Gehirn die neuronalen Netzwerke dauerhaft umgebaut und erweitert werden. Dieses Phänomen wird als synaptische Plastizität bezeichnet (Escher und Messner S. 202-203, nach Hebb, 1949). Der Speicher des Langzeitgedächtnisses liegt in verschiedenen Assoziationsarealen der Grosshirnrinde. Da es aber viel Zeit und Aufwand braucht, bis die Strukturen dort umgebaut werden, werden die neu gelernten Informationen vorher im Kurzzeitgedächtnis gespeichert. Beim Transport der Informationen vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis ist ein anderer Teil des Gehirns beteiligt. Dieser Teil ist der Hippocampus, welche sich im inneren Rand des Temporallappens befindet. Der Hippocampus verfügt über Verbindungen zu allen Assoziationsarealen der Grosshirnrinde. Weiter hat er die Fähigkeit zur Langzeitpotenzierung, was eine zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung von Informationen ermöglicht. Durch regelmässiges Wiederholen von Lerninhalten, wird der Hippocampus dazu angeregt, Informationen wiederholt an die Assoziationsarealen der Grosshirnrinde zu senden und somit das neue Wissen im Langzeitgedächtnis zu speichern (Schandry, S. 485-487).

Anzahl Informationseinheiten

Der Speicher vom Kurzzeitgedächtnis ist begrenzt. Bereits im Jahre 1956 hat der Psychologe George Miller beschrieben, dass das Kurzzeitgedächtnis nur 7 +/- 2 Informationseinheiten auf einmal speichern kann. Miller nannte diese Zahl «die magische Zahl». Seine Aussage hat sich mittlerweile in zahlreichen Untersuchungen als gültig erwiesen (Escher und Messner S 198-199, nach Miller 1956).
Aus diesem Grund sollte die Zahl der Informationen (Wörter, Zahlenfakten, Formeln usw.) welche auf einmal gelernt werden auf fünf bis neun beschränkt werden.

Praktische Empfehlung der Wiederholungsverteilung

Es macht Sinn, das neue Gelernte innerhalb der ersten Stunde mehrmals zu wiederholen. Zusätzlich muss in grösseren Zeitabständen ebenfalls repetiert werden. Genauer ausgedrückt, gibt es eine gewisse Anzahl an Wiederholungen, welche für die Überführung eines Lerninhaltes ins Langzeitgedächtnis eingeplant werden sollte. Diese Wiederholungen müssen dann auf die gesamte Lernzeit so verteilt werden, dass ihre Häufigkeit mit der Zeit stets abnimmt (Escher und Messner S 215-218).

Durch die intrapersonellen Untersuchungen, durchgeführt vom Artikelautor (diplomierten Mathematiklehrperson) wurden die folgende Wiederholungsintervalle für die erfolgreiche Überführung von Informationen ins Langzeitgedächtnis ermittelt:

1. Wiederholung: nach ca. 5 Minuten
2. Wiederholung: nach ca. 20 Minuten
3. Wiederholung: nach ca. 50 Minuten
4. Wiederholung: nach ca. 2 Tagen
5. Wiederholung: nach ca. 7 Tagen

Nachhilfe Professionals

Literaturverzeichnis

[1] Escher und Messner (2015), Lernen in der Schule, 2.Auflage. Bern: Hep Verlag

[2] Wickelgren, W.A (1975). AlcaholicIntoxicationand Memory Storage Dynamic. Memory &Cognition, 3, S.385-389.

[3] Hebb, D. (1949). The OrganizationofBehaviour. A Neuropsychological Theory. New York: Wiley. (Nachdruck 2002, Hillsdale, N.J.: Erlbaum)

[4] Schandry, Rainer (2003). Biologische Psychologie: mit Online-Material. 4., ÜberarbeiteteAuflage. Weinheim Basel: Beltz, 2016.

[5] Miller, G. A. (1956). The MagicalNumber Seven, Plus or Minus Two: Some Limits on OurCapacityfor Processing Information. Psychological Review, 63(2):81-97