Die Begleitung von Lernenden ist während der Pandemie nicht mehr so, wie sie einmal war. In einer neuen Lebensphase braucht es Perspektiven, Energiequellen, Widerstandskraft und Mut, um Veränderungen sowie Herausforderungen anzunehmen.

Jugendliche wie auch Praxisausbilder/innen sind in ganz verschiedenen Lebensbereichen stark gefordert. Fast täglich gibt es in der aktuellen Pandemie neue «Regeln». Gerade in solchen Zeiten, können Rituale, wie beispielsweise ein Wochenplan, im Alltag Struktur und Orientierung  geben.

Ein geregelter Ablauf hat sein Gutes: Das Vertraute, die Struktur gibt uns Sicherheit und im Zusammenspiel mit Anderen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Leben im «Ausnahmezustand» braucht ein starkes Selbstmanagement, ein gutes Umfeld und eine grosse Portion Motivation.

Wie können wir Lernende im Thema Selbstmanagement begleiten?

Damit Lernende ihre Ziele verwirklichen können, brauchen sie ein gutes Selbstmanagement. Es geht darum, dass Lernende Wünsche und (unbewusste) Bedürfnisse erkennen und entsprechend handeln können. Die Lernenden haben es selber in der Hand – dafür braucht es eine grosse Portion Bewusstsein, Konzentrationsfähigkeit und ein gutes Umfeld mit Praxisausbilder/innen, welche die Lernenden dabei auch begleiten.

1. Praxistipp: Konzentration steigern mit der «Pomodoro Methode»

Zur Steigerung der Konzentration braucht es Selbstdisziplin. Dass diese erreicht werden kann, braucht es Selbstregulation. Dies bedeutet soviel wie die Fähigkeit, sich selbst zu steuern, unabhängig davon, was im Inneren und draussen gerade los ist. Das bedeutet: Eine ausgewogene Fähigkeit zur Selbstregulation gibt uns die Möglichkeit, selbstwirksam zu sein, auf uns selbst einzuwirken, erwünschte Ziele zu verwirklichen und unerwünschte Zustände zu beenden oder zu ändern. Hier hilft die «Pomodoro Methode». Der Name Pomodoro stammt übrigens von der Küchenuhr im Tomaten-Design, die der Entwickler der Methode – Francecso Cirillo – bei seinen ersten Versuchen benutzt hat.

  • Ziel/Aufgabe auswählen
  • 25 Minuten auf dem Handy Timer einstellen
  • Ziel/Aufgabe bearbeiten
    • Keine Ablenkung, Fokus auf die Aufgabe oder Lerneinheit
    • Alles was irgendwie ablenkt, ausschalten (STOPP)
    • Reflexion – Gedanken zu folgenden Fragen immer wieder aufschreiben: Was war hilfreich? Für andere Ziele/Aufgaben brauchbar?
  • 5 Minuten Pause
  • nach jeweils vier pomodori eine längere Pause von 15 – 30 Minuten machen
  • Ende der Lerneinheiten > Stolz sein und belohnen

Quelle: Francesco Cirillo

2. Praxistipp: Ziele setzen mit der «WOOP Methode»

Sich Ziele vornehmen und dann verwirklichen, ist nicht immer ganz einfach. Dazu gibt es eine App mit dem Namen «Woop», welche dazu einen Anstoss gibt. WOOP ist eine wissenschaftlich fundierte mentale Strategie, mit der Lernende ihre Wünsche finden und erfüllen, Präferenzen festlegen und ihre Gewohnheiten ändern können (www.woopmylife.org).

3. Praxistipp: Rituale leben

Rituale helfen dem Alltag Struktur zu geben, sei es im Home Office oder auch kombiniert mit Arbeitstagen im Betrieb. Gerade Lernende, welche noch Mühe haben, Strukturen selber zu schaffen,  können mit «fixen» Routinen im Alltag das Privat- und Arbeitsleben noch mehr geniessen und gelassener angehen. Rituale sind Dinge, die immer gleich ablaufen – zu gleichen Zeiten, an gleichen Orten, unter gleichen Bedingungen. Dabei kann ein Wochenplan mit fixen Zeitfenstern für Lernen, Freizeitaktivitäten, Rituale, Sportaktivitäten, Entspannungsmomente oder sonstigen Aufgaben ein wertvoller Begleiter sein (To do Liste mit Prioritäten und geschätztem Zeitfenster) .

Morgenroutine einhalten: Welche Gewohnheiten haben Lernende am Morgen? Sich ausreichend Zeit zu nehmen lohnt sich. Es geht darum, all das zu tun, was morgens wichtig ist und guttut. So gelingt ein entspannter und fokussierter Start in den Tag. Sich anzuziehen und bereit zu machen, wie man zur Arbeit gehen würde hilft dabei auch im Home Office sehr. Warum nicht einfach den Batch «symbolisch» auf das Pult legen und sich vor Augen führen: «Jetzt bin ich online».

(Ideenkorb: Joggen, meditieren (App-Idee: Calm), Atemübungen, duschen, baden, Kaffee trinken, Frühstücken, Facebook checken, schminken, einen Tagesplan schreiben, Tagebuch schreiben)

Pausen gönnen: Ein paar Minuten, um den Kopf frei zu bekommen sind wichtig für die Konzentration. Auch die Pause mal an der frischen Luft zu verbringen, kann Wunder wirken. Und ebenso ist eine Mittagspause von 30 bis 60 Minuten wichtig. Nach solch einer Pause arbeitet sich die To-Do-Liste gleich viel schneller ab.

Sport und Bewegung einplanen: Einmal oder mehrmals wöchentlich zu festgelegten Zeitpunkten Sport treiben ist ebenfalls ein Ritual, das dabei helfen kann, Stress abzubauen und zu sich selbst zu finden. Yoga beispielsweise trainiert nicht nur den Körper, sondern hilft auch, die eigene Mitte zu finden und dabei zur Ruhe zu kommen.

(Ideenkorb: Joggen auch mit Freunden, Fitnessvideo zu Hause anschauen und mitmachen, Vita Parcours, Biken, Übungen zu Hause, Online Yoga)

Den Abend leben: Wie bereits am Morgen, sollte auch der Abend mit Ritualen abgeschlossen werden. Das hilft nicht nur dabei runterzukommen, sondern die zurückliegenden Stunden zu resümieren.

(Ideenkorb: Entspannungstee, meditieren, ein gutes Buch lesen oder sich eine Lieblingsserie auf der Couch ansehen. Alles, was dabei hilft, abzuschalten, ist erlaubt. Durch die Ruhe und Zeit, die man sich am Abend nimmt, können Gedanken geordnet und  der kommende Tag geplant werden. Das hilft dabei, am nächsten Morgen entspannter in den Tag zu starten.)

4. Praxistipps: Begleitung von Lernenden auf Distanz bewusst gestalten

  • Gegenseitigen Erwartungen klären.
  • Vertraute Zusammenarbeit in einem klar definierten Rahmen und eine vermehrte Kommunikation.
  • Ziele sind klar formuliert und die Lernende / der Lernende fühlt sich nicht alleine. Dabei ist es wichtig, dass die Ziele regelmässig überprüft werden.
  • Sich Zeit nehmen für Einzelgespräche. Dabei nicht nur über die Arbeit zu sprechen, kann der lernenden Person sehr helfen.
  • Erreichbarkeit für Lernende ist wichtig. Sie sollen wissen, wie und wann sie den Praxisausbildenden erreichen können.
  • Regelmässiges Feedback gibt Orientierung. Es ist zu überlegen in welchem Rhythmus diese gegeben werden kann.
  • Kommunikation ist in Zeiten von Home Office besonders wichtig – warum nicht ein «Check in» zum Start und ein «Check Out» zum Schluss des Arbeitstages oder am Montag und Freitag.
  • Eine detaillierte individuelle Wochen- und Ausbildungsplanung ist die Basis einer guten Ausbildung auf Distanz oder natürlich auch vor Ort. Es lohnt sich dafür Zeit zu investieren. Warum nicht jeden Montag einen individuellen Wochen- und Ausbildungsplan wie ein Ritual einführen und leben?

Ich wünsche Ihnen kreatives Planen, Gelassenheit und Freude bei der Begleitung von Lernenden. Gerade in dieser Zeit brauchen sie unsere Tipps und Lichtblicke.

www.bildungsquali.ch