Fachkräftemangel und teuerungsgetriebene Lohnerwartungen beschäftigen die HR-Fachleute diesen Herbst. Wie gewinne und halte ich vor diesem Hintergrund Mitarbeitende? Das Marketing liefert dazu Antworten.

Was überall gilt, trifft für Dienstleistungsbranchen ganz speziell zu: Die Mitarbeitenden bilden einen wichtigen Pfeiler für den Unternehmenserfolg. Denn in Branchen wie beispielsweise Finanzen, Detailhandel oder Gesundheit kommen die Mitarbeitenden in direkten Kontakt mit den Kunden. Marketingexperten ist es bestens bekannt: das Dienstleistungsdreieck. Auch für HR-Fachleute zeigt das Modell (siehe Box ganz unten) genau auf, warum es sich lohnt, in Mitarbeitende zu investieren.

Motivatoren und Hygienefaktoren

Die Notwendigkeit, gute Mitarbeitende zu finden und zu halten, ist unbestritten. Geeignete Instrumente liegen zum Glück bereit. So hat Frederick Herzberg mit seiner Zwei-Faktoren-Theorie bereits 1959 wichtige Anhaltspunkte geliefert. Er unterscheidet dabei zwischen Motivatoren und Hygienefaktoren. Motivatoren wie beispielsweise eine sinngebende Arbeit oder Wertschätzung wirken direkt auf die Arbeitsmotivation und führen zu grosser Zufriedenheit. Hygienefaktoren können demgegenüber zu Unzufriedenheit führen. Ein kurzer Arbeitsweg beispielsweise steigert die Motivation nicht. Wird der Arbeitsweg aber zu lange, und verbringt der Mitarbeitende täglich Stunden im Stau, demotiviert dies. Der kurze Arbeitsweg gilt somit als Hygienefaktor. Das Modell von Herzberg wird zwar auch kritisiert, da die strikte Trennung von Motivations- und Hygienefaktoren als überholt gilt und das Modell die Entstehung von Arbeitszufriedenheit zu stark vereinfacht. Die Theorie bildet aber immer noch einen sehr guten Bezugsrahmen zur Arbeitsmotivation.

Der Autor dieses Artikels hat aus seiner Sicht die sieben Top-Instrumente für die Motivation am Arbeitsplatz zusammengestellt.

1. Sinngebende Arbeit mit Gestaltungspielraum

Herzberg hat das Leistungserlebnis als grössten Motivator definiert. Wenn ich eine sinnstiftende Aufgabe habe, in der ich Verantwortung tragen kann, und zudem über einen hohen Gestaltungsspielraum verfüge, erbringe ich eine hohe Leistung. Arbeitsinhalte und Stellenprofile sollten so definiert werden, dass dies möglich ist. Ein hohes Kontrollbedürfnis durch Vorgesetzte sollte durch Vertrauen abgelöst werden. Hier braucht es für Führungskräfte ab und zu Unterstützung in Form von Coaching- oder Mentoring-Programmen.

2. Wertschätzung

Wann haben Sie von Ihrem Vorgesetzten das letzte Mal ein Lob erhalten? Gestern? Sehr gut! Oft betrachten wir die Leistung der Mitarbeitenden aber als selbstverständlich. Sie werden dafür ja bezahlt. Geben Sie regelmässig bewusst und ehrlich gemeinte Anerkennung und schauen Sie in die Gesichter der Mitarbeitenden. Sie werden sehen, Wertschätzung ist einer der Top-Motivatoren.

3. Führung

Man kennt es: Am Arbeitsplatz ist alles bestens, und dann wechselt die Führungsperson, zu der man den Draht nicht findet. Es ist nicht selten, dass ganze Teams das Unternehmen verlassen, bis bei der vorgesetzten Stelle oder im HR auffällt, dass das «Problem» wahrscheinlich bei der neuen Führungsperson liegt. Hier gilt es besonders aufmerksam zu sein und den Führungswechsel gut zu beobachten und zu begleiten.

4. Arbeitsteam

Wenn sich die Mitarbeitenden jeden Tag auf ihre Kolleginnen und Kollegen freuen und sich eventuell sogar ausserhalb der Arbeit treffen, dann stimmt wahrscheinlich die Arbeitsatmosphäre. Die Linie hat es geschafft, ein tolles Team zu bilden. Bei der Einstellung neuer Mitarbeitenden empfiehlt es sich daher, das bestehende Team miteinzubeziehen.

5. Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Freizeit

Gerade auch für junge Generationen steht die Karriere nicht mehr an erster Stelle. Sie streben eine hohe Work-Life-Balance an. Hier sind flexible Arbeitszeitmodelle, Teilzeitarbeit, Möglichkeit zu Homeoffice, Kinderbetreuungsangebote oder die Aussicht auf Sabbaticals entscheidend.

6. Image und Werte

Wer möchte schon in einem Unternehmen mit einem schlechten Image arbeiten? Entscheidend ist auch, dass sich meine Werte mit den Unternehmenswerten vereinbaren lassen. Wenn «Gesundheit» für mich persönlich ein wichtiger Wert ist, werde ich beispielsweise in der Tabakindustrie nicht glücklich. Die Arbeit an den Werten und am Image sollte ständige Aufgabe eines Unternehmens sein. Das Image wird insbesondere auch durch das Corporate Behaviour – das gemeinsame Verhalten aller Mitarbeitenden – gestaltet. Wie verhält sich das Kader untereinander, das Kader zu den Mitarbeitenden, wie verhalten sich die Mitarbeitenden untereinander und die Mitarbeitenden zu den Kunden? Hier greifen Weiterbildung, Coaching und Mentoring.

7. «Faires» Lohnsystem

So viel schon mal vorweg: Ein faires Lohnsystem gibt es nicht. Zu viele Faktoren sind massgebend, um die Höhe der individuellen Saläre festzulegen. Je nach Anforderungen, Branche, Betriebsgrösse und Region unterscheiden sich die Zahlen teilweise massiv. Dazu spielen Bildung, Erfahrung und Alter des Mitarbeitenden eine Rolle. In immer mehr Branchen treibt der Fachkräftemangel die Löhne nach oben. Zufrieden mit dem Lohn ist man, wenn man diesen im Vergleich zu Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen und im Verhältnis zur erbrachten Leistung als fair betrachtet.

Diese sieben Punkte, die teilweise nicht einmal etwas kosten, helfen Ihnen auch in Zukunft, talentierte und motivierte Mitarbeitende zu finden und in Ihrem Unternehmen zu halten.

Instrumente des internen Marketings

HR-Fachpersonen können an vielen Punkten ansetzen, um gute Mitarbeitende zu finden und zu halten. Nachfolgende Liste ist nicht abschliessend und lässt sich mit etwas Kreativität beliebig erweitern.

Unternehmen und Führung

  • Image
  • Werte
  • Social Responsibility
  • Nachhaltigkeit
  • Branche
  • Betriebsklima
  • Führung
  • Arbeitsteam
  • Team-Events
  • Erreichbarkeit
  • Infrastruktur
  • Kinderbetreuung
  • Verpflegungsmöglichkeiten

Arbeit und Entwicklung

  • sinngebende und herausfordernde Aufgaben
  • Gestaltungsspielraum
  • Verantwortung
  • Wertschätzung
  • Weiterbildung
  • Mentoring-Programme
  • Projektmitarbeit
  • Karrieremöglichkeiten
  • Work-Life-Balance

Vertragliches und Formales

  • attraktives Lohnsystem
  • Arbeitszeiten und Arbeitszeitmodelle
  • Möglichkeit für Homeoffice
  • Ferien
  • Sabbaticals
  • Arbeitsplatzsicherheit
  • Altersvorsorge
  • Fringe Benefits (Geschäftsauto, Beitrag an öV, Smartphone, Vergünstigungen etc.)

Das Dienstleistungsdreieck

Dienstleistungs-Dreieck

Marketingaktivitäten zwischen dem Unternehmen und den Kunden werden als externes Marketing bezeichnet. Hier preist das Unternehmen mit den klassischen Leitinstrumenten der Promotion seine Produkte und Dienstleistungen an. Es macht damit ein Versprechen am Markt und weckt bei den Kunden entsprechende Erwartungen.

Bei Dienstleistungen kommt der Kunde in direkten Kontakt mit den Mitarbeitenden. Diese Beziehung wird als interaktives Marketing bezeichnet. Der Verkäufer, die Versicherungsfachperson oder der Pflegefachmann muss das Versprechen nun einhalten. Das heisst, bei Dienstleistungen sind hervorragende Mitarbeitende äusserst wichtig.

Das interne Marketing, also die Beziehung zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden, bezweckt somit, hervorragende Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten. Hier kommen die HR-Fachleute ins Spiel. Gilt es doch, Instrumente des internen Marketings zu entwickeln, einzuführen und am Leben zu erhalten.